Erinnerung und Begegnung e.V.
im
Landesverband der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen / Schlesische Lausitz

Aufsätze und Beiträge

Liebe Mitglieder, Landsleute und Freunde des Vereins!

Senden Sie uns Ihre Beiträge zur Veröffentlichung auf diesem Internetportal. Wir sind interessiert an Ihren Lebenserinnerungen, an persönlichen Erlebnissen und Eindrücken aus den Orten ihrer alten Heimat und natürlich auch an Begegnungen mit ihren Freunden.

Redaktionsschluss ist jeweils das Monatsende.

Bei den Zuarbeiten kann es sich um zwei Formen handeln:
  1. um kurze Informationen zur Vertriebenenarbeit (Veranstaltungen): Art, Zeit, Ort, ein Bild
  2. um Aufsätze und Berichte im Umfang von max. 30 Zeilen (12pt) als Word-Datei, dazu ein bis zwei Bilder

Der Betreiber des Internetportals „www.vertriebene-in-sachsen.de“ behält sich das Recht vor, das zur Veröffentlichung bestimmte Material zu kürzen und gegebenenfalls redaktionell zu bearbeiten.

Worte des Dankes und der Anerkennung anlässlich des Todes von Irmtraud und Prof. Dr. Winfried Schirotzek

Irmtraud und Prof. Dr. Winfried Schirotzek sind am 14. Oktober 2021 verstorben. Die Vertriebenen und Spätaussiedler in Sachsen und der Schlesischen Lausitz trauern um sie. Wir haben gute Freunde und Mitstreiter verloren, denen wir viel zu verdanken haben.

Irmtraut, genannt Ira, Schirotzek wurde am 11. Mai 1939 in Glogau/Schlesien geboren. Ihre Mutter flüchtete mit ihren kleinen Kindern nach Chemnitz. Im Anschluss an Ihr Chemiestudium arbeitete sie in der Lebensmittelüberwachung. Nach dem Erwerb
weiterer wissenschaftlicher Qualifikationen war sie in einem medizinischen Forschungsinstitut als Patentassessorin tätig.

In der DDR stand sie in Opposition zu dem Regime. Aus diesem Grund wurde sie 1990 in den Koordinierungsausschuss zur Gründung des Freistaates Sachsen berufen. Nach dem Ende dieser Tätigkeit wechselte sie in das Sächsische Sozialministerium. Im Anschluss an eine mehrjährige Tätigkeit als Referentin wurde sie zur Referatsleiterin befördert. 2002 ging sie in den Ruhestand.

Zeit ihres Lebens bekannte sich Ira Schirotzek zu ihrer schlesischen Herkunft. Nach der friedlichen Revolution von 1989 nutzte sie die neuen Freiheiten, um dieses Bekenntnis praktisch werden zu lassen. Von 2004-2018 war sie Mitglied im
Landesvorstand der Landsmannschaft Schlesien. 2009 gehörte sie zu den Mitbegründern des Vereins „Erinnerung und Begegnung e. V.“ (EuB). 2010 unterstützte sie die Gründung der Stiftung “Erinnerung, Begegnung, Integration“ und wurde
Mitglied im Stiftungskuratorium. Gemeinsam mit ihrem Gatten Winfried Schirotzek betreute sie von 2011-2018 das Haus der Heimat in Reichenbach/Schlesische Oberlausitz.

Ein besonderes Anliegen war ihr die Sammlung, Erfassung, Verifizierung, wissenschaftliche Aufarbeitung und Veröffentlichung von Zeitzeugenberichten über Flucht und Vertreibung der Deutschen am Ende des 2. Weltkrieges in Zusammenarbeit mit Mario Morgner.

Winfried Schirotzek wurde am 10. September 1939 in Breslau geboren. Seine Mutter flüchtete mit ihrem einzigen Kind nach Thüringen. Seine erste große Leidenschaft galt der Literatur. Als ihm klar wurde, dass in der DDR ein freies Studium der Literatur nicht möglich war, entschloss er sich, Mathematik zu studieren. Sein Schwerpunkt war die Stochastik. Nachdem er die A- und B-Promotion abgelegt hatte, begann er eine Universitätslaufbahn. Er wurde Autor bzw. Mitautor mehrerer Lehrbücher. Eine Berufung auf einen Lehrstuhl blieb ihm aus politischen Gründen in der DDR versagt. Erst nach der Wiedervereinigung wurde er von der TU Dresden zum Professor berufen. Im Anschluss an seine Pensionierung arbeitete er zunächst noch einige
Jahre weiter in der Lehre, um Studenten anderer Fächer an die Mathematik heranzuführen. 2007 veröffentlichte er sein wissenschaftliches Hauptwerk „Nonsmooth Analysis“.

Im Anschluss an seine Tätigkeit als Professor begann seine Aktivität für die Vertriebenen. Zusammen mit seiner Frau wurde er 2009 Gründungsmitglied des Vereins „Erinnerung und Begegnung e.V.“, um der landesweiten Arbeit der Vertriebenen und Spätaussiedler einen neuen Auftrieb zu geben. Wie seine Frau unterstützte er die Gründung der Stiftung „Erinnerung, Begegnung, Integration“ und wurde als Kustos der Sammlungen des Hauses der Heimat Mitglied im Vorstand der Stiftung. Zunehmend entdeckte er die Verbesserung der Kenntnisse über die Deutschen im Osten Europas als seine besondere Aufgabe. Er wirkte unter anderem in den Redaktionen zur Erstellung von Wanderausstellungen mit. Gemeinsam mit seiner Frau hielt er bei den Eröffnungen der Wanderausstellungen in Schulen, Rathäusern und anderen öffentlichen Räumen die Einführungsvorträge. Mit seinen populärwissenschaftlichen Schriften „Die deutsche Ostsiedlung“ und „Deutsche im östlichen Europa“ sowie durch eine Reihe von Aufsätzen und Artikeln für die gemeinsame Internetseite des EuB und der Stiftung trug er zur Verbesserung der Kenntnisse über die Geschichte der Vertriebenen und Spätaussiedler bei.

Ende 2018 mussten Ira und Winfried Schirotzek sich aus gesundheitlichen Gründen aus der aktiven Arbeit zurückziehen. Winfried Schirotzek unterstützte aber weiterhin die publizistische Arbeit des EuB als Berater. Seine Aufgabe als Schriftführer im
Vorstand des EuB nahm er bis zu seinem Tode wahr.

Winfried und Ira Schirotzek genossen unter den Vertriebenen für ihren selbstlosen Einsatz große Anerkennung und Dankbarkeit. Als Mathematikprofessor wurde ihm auch von Kritikern der Vertriebenenarbeit Respekt entgegengebracht, weil seine
schriftlichen Arbeiten und Redebeiträge stets wissenschaftlich gut begründet waren.

Allen, die mit Ira und Winfried Schirotzek zusammengearbeitet haben, war stets klar, dass es Ihnen immer nur um die Sache ging.

Aus Gesprächen mit Ira und Winfried Schirotzek wissen wir, dass sie sich auch außerhalb der sächsischen Vertriebenenverbände für Schlesien eingesetzt haben, unter anderem im Freundeskreis des schlesischen Museums.

Mit Irmtraud und Prof. Dr. Winfried Schirotzek verlieren die Organisationen der Vertriebenen in Sachsen sympathische, engagierte, fleißige, verlässliche, hoch gebildete und großzügige Unterstützer.

„Erinnerung und Begegnung e.V.“
Stiftung „Erinnerung, Begegnung, Integration“
Landesverband der Vertriebenen und Spätaussiedler
im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz

Friedrich Zempel und Frank Hirche

Endlich der Startschuss

Neues Informationszentrum in Hoyerswerda/Knappenrode

Nach 6-jährigen planerischen und nur 20-monatigen baulichen Vorbereitungen konnte am 12. September der 1. Bauabschnitt der Erinnerung-, Begegnungs- und außerschulischen Bildungsstätte „Transferraum Heimat“ in Knappenrode/Hoyerswerda eröffnet werden. Die Begrüßung der Gäste verband der Landesvorsitzende des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler, gleichzeitig Vorsitzender des Vorstandes der Stiftung der Vertriebenen, Frank Hirche, mit einem Dank an Handwerker, 1-Euro-Beschäftigte, Unterstützer und Helfer aus dem Kreis der Spätaussiedler und Vertriebenen. Besonders bedankte er sich für die finanzielle Förderung des Vorhabens durch den Freistaat Sachsen bei Staatsminister Prof. Dr. Wöller sowie MdL Ronald Pohle, der im Landtag sich nachdrücklich für die Bereitstellung der Mittel eingesetzt hatte.

Frank Hirche hob auch die ständige gute Begleitung des gesamten Vorhabens durch die Verwaltung des Landkreises Bautzen und besonders die Beigeordnete, Frau Weber, die Stadt Hoyerswerda sowie das Industriemuseum „Energiefabrik Knappenrode“ hervor.

In seiner Festrede betonte Staatsminister Prof. Dr. Wöller, dass die Vertriebenen und Spätaussiedler in Sachsen keine unbedeutende Minderheit seien, sondern dass durch verwandtschaftliche Beziehungen vermutlich über die Hälfte aller sächsischen Bürger familiäre Wurzeln in Mittel- und Osteuropa habe. Auch auf ihn selbst treffe das zu. Ausdrücklich lobte er die grenzüberschreitenden Kontakte der Vertriebenen und Spätaussiedler. Die Staatsregierung habe zur Unterstützung ihrer Arbeit einen besonderen Beauftragten der Staatsregierung bestellt. Dieses Amt werde derzeit von Dr. Jens Baumann sehr engagiert versehen.

Prof. Dr. Wöller sprach frei, womit er dokumentierte, wie sie sehr er mit den Anliegen der Vertriebenen und Spätaussiedler vertraut ist.

Am Schluss der Veranstaltung dankte Dr. Baumann Herrn Hirche für die aufgrund der Coronapandemie besonders aufopferungsvolle Bauleitung und der Geschäftsführerin des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler, Frau Claudia Florian, für ihre organisatorische Arbeit und die Erledigung aller Verwaltungsaufgaben bei dem Vorhaben, die sie neben ihrer normalen Arbeit für den Verband zusätzlich verrichtet hat.

Red.

Jugendensemble Sonnenschein aus Leipzig

Das Internet verbindet und hält jung

Armin Hirsekorn

und diese Internetseite feiern runde Geburtstage – 90 bzw. 10 Jahre

Vor zehn Jahren fasste der Vorstand des Vereins Erinnerung und Begegnung e.V. den Entschluss, diese Internetseite einzurichten. Zu diesem Zweck gründeten wir einen Arbeitskreis. Mitglieder wurden Interessenten, die sich alle vorher nicht kannten: Armin Hirsekorn, der damals kurz vor seinem 80. Geburtstag stand, der 52 Jahre jüngere Ronny Gericke aus Hamburg, Günter Thiel und Lothar Zenker vom BdV-Freital und ich selbst als Vorsitzender des EuB.

Unsere Sitzungen führten wir in der Geschäftsstelle des BdV-Kreisverbandes Freital durch. Ronny Gericke konnte auf Grund der Entfernung nur per Telefon teilnehmen. Er hatte kurz zuvor sein Informatikstudium abgeschlossen und seine erste Stelle in Hamburg angetreten.

Weil unter uns „Hiesigen“ Armin Hirsekorn die besten Informatikkenntnisse hatte, erklärte er sich bereit, das Layout zu entwickeln. Daher übernahm er auch die Kontaktpflege zu Ronny Gericke, der die Seite programmieren wollte. Einmal stellte ich fest, dass Armin Hirsekorn und Ronny Gericke an den im Arbeitskreis beschlossenen Entwürfen Änderungen vorgenommen hatten. Ich rief Ronny an und fragte, wie es zu den Änderungen gekommen sei. Er antwortete: „Das habe ich mit Armin so
abgesprochen.“ Ich war überrascht, dass er den 52 Jahre älteren Armin Hirsekorn nur mit dem Vornamen erwähnte, weil ich ihn trotz langjähriger Bekanntschaft noch immer mit seinem Familiennamen anredete. Ich fragte: „Warum duzt Ihr Euch?“ Ronny entgegnete: „Das ist unter jungen Leuten so üblich.“ Für ihn hatte es außer Zweifel gestanden, dass jemand, der sich so gut mit Informatik und dem Internet auskennt, zu den „jungen Leuten“ gehört.

Wer jetzt mitgerechnet hat, weiß, dass Armin Hirsekorn in diesen Tagen seinen 90. Geburtstag feiern kann. Wir gratulieren und danken ihm für langjährige Mitarbeit.

Armin Hirsekorn stammt aus Konstantynow/Lodzki, einer Kleinstadt, die nur wenige Kilometer von Lodz entfernt ist. Ebenso wie Lodz erlebte Konstantynow zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch die Textilindustrie einen wirtschaftlichen Aufschwung und zog viele schlesische Tuchmacher an.

Ursächlich für diese Entwicklung war die Errichtung einer Zollgrenze zwischen Preußen und Russland, das sich im Wiener Kongress das Königreich Polen einverleibt hatte. Tuchhändler aus Deutschland mussten nun für den Export deutscher Stoffe in das Zarenreich hohe Zölle bezahlen. Der Absatz ging zurück. Die deutschen vor allem schlesischen Weber wurden arbeitslos. Sie wanderten aus und bauten in und um Lodz eine neue Textilindustrie auf, auch in Konstantynow. Diese Zeit hat der polnische Nobelpreisträger Reymont in seinem Roman „Das gelobte Land“ verarbeitet. Das Buch wurde von dem Regisseur Andrzej Wajda verfilmt. Es ist der zweifellos beste Film über diese Epoche. Zu den schlesischen Webern, die in Lodz und Umgebung eine neue Heimat suchten und fanden gehörten auch die Vorfahren von Armin Hirsekorn.

Während des Zweiten Weltkriegs erlebte die Stadt ein dunkles Kapitel. Das Dritte Reich richtete hier ein Sammellager für Polen ein, die in das Generalgouvernement vertrieben wurden. Bei Kriegsende schlug das Pendel zurück. Jetzt wurden die Deutschen vertriebenen – auch die Familie von Armin Hirsekorn.

Nach der Vertreibung und dem Schulabschluss hat Armin Hirsekorn verschiedene Studiengänge absolviert und den Beruf des Lebensmitteltechnologen ergriffen. In dieser Zeit hat er mehrere wissenschaftliche Werke und Lehrbücher verfasst. Nach der Wiedervereinigung konnte er sich der Heimat seiner Familie widmen. Er hat viele historische Artikel für Publikationen der Landsmannschaft Weichsel/Warthe und einen Roman über Konstantynow und das Lodzer Industriegebiet geschrieben.

Trotz einiger körperlicher Einschränkungen ist er nach wie vor publizistisch aktiv. Einen Teil seiner Arbeiten kann man im Internet nachlesen.

Wir wünschen Ihnen, lieber Herr Hirsekorn, eine bessere körperliche Gesundheit und Freude bei Ihrer historischen Arbeit.

Friedrich Zempel

Armin Hirsekorn

In Memoriam Michael Wieck

Die meisten Angehörigen der Nachkriegsgeneration haben gegenüber Berichten der Kriegsgeneration eine verständliche Skepsis. Als Ende der achtziger Jahre Michael Wieck sein Buch über das Kriegsende in Königsberg veröffentlichte, stieß es auch bei jüngeren Menschen wegen der Unterzeile sofort auf Interesse. Der volle Titel des heute noch immer lesenswerten Buches lautet: „Zeugnis vom Untergang Königsbergs – eine „Geltungsjude“ berichtet“.

Michael Wieck war Sohn eines christlichen Vaters und einer jüdischen Mutter. Viele Verwandte der Mutter wurden in Vernichtungslagern ermordet. Man kann daher annehmen, dass der Autor sein Schicksal und das seiner Geburtsstadt Königsberg objektiv geschildert hat. Dies macht sein Buch so wertvoll.

Als Violinist war Michael Wieck besonders sensibel. Er suchte in Israel und Neuseeland eine neue Heimat. Vermutlich fand er sie nicht; denn er kehrte nach Westdeutschland zurück war als Berufsmusiker erfolgreich und hat das zitierte Buch verfasst.

Nun ist Michael Wieck nach einer großartigen Karriere als Musiker am 27. Februar im Alter von 93 Jahren in Stuttgart verstorben.

Einen Nachruf auf Michael Wieck von Jörn Pekrul aus dem Preußen Kurier 1/2021, denn wir mit freundlicher Genehmigung der Redaktion übernommen haben, können Sie hier nachlesen.

Red.

Karl Dedecius zum 100. - Erinnerungen an den Brückenbauer aus Lodz

In einer Zeit, in der weltweit soziale, kulturelle und politische Brücken eingerissen und Mauern errichtet werden, ist es gut, sich an das Wirken von Brückenbauern zu erinnern.

Karl Dedecius war der vielleicht bedeutendste Brückenbauer zwischen Deutschland und Polen. Er hat mehr als 160 Bücher übersetzt, die meisten aus dem Polnischen ins Deutsche.

Ein großer Teil der polnischen Bücher erschien als preisgünstiges Taschenbuch im Suhrkamp-Verlag. Auf diese Weise hat er Generationen deutscher Gymnasiasten den Zugang zur polnischen Literatur und Kultur und damit zu polnischen Menschen eröffnet.

Vor 100 Jahren, am 20. Mai 1921, wurde Karl Dedecius in Lodz als Sohn einer deutschen Familie geboren.

Karl Dedecius hatte das Übersetzerhandwerk nicht an der Universität gelernt. Als Sohn einer deutschen Familie in Lodz war er zweisprachig aufgewachsen. Dies war für Deutsche in Polen nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich war, dass die Familie Dedecius sich dem in der Zwischenkriegszeit immer stärker werdenden Nationalismus verweigerte. Die Einstellung seiner Eltern zu der nationalen Frage war vermutlich auch der Grund dafür, ihren Sohn nicht zu dem deutschen, sondern zu einem polnischen Gymnasium zu schicken. Sohn Karl war daher von Jugend auf daran gewöhnt, dass Lodz, die neben Warschau zweitgrößte Stadt im Herzen Polens, die angestammte Heimat seiner Familie war. In Lodz lebten neben der polnischen Mehrheit 10-tausende Deutsche und Juden sowie Angehörige anderer Nationen. Die Kenntnisse und Einblicke, die er auf diese Weise gewann, ermöglichten ihm, polnische Literatur nicht schulmäßig zu übersetzen, sondern mit Verstand und Herz ins Deutsche zu übertragen bzw. nachzudichten.

Seine Übersetzungen fanden in Deutschland und Polen große Anerkennung. Er wurde mit Preisen überhäuft, deren Anzahl sich noch vermehrte, nachdem er das „Deutsche Polen-Institut“ in Darmstadt gegründet hatte. Zu seiner Wertschätzung hat auch sein freundliches unprätentiöses und trotzdem sicheres gelassenes Auftreten beigetragen. Eine ausführliche Würdigung durch den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft Weichsel/Warthe, Dr. Martin Sprungala, finden Sie hier.

Die Volksabstimmungen über den Verbleib von Teilen von Ost- und Westpreußen
sowie von Oberschlesien beim Deutschen Reich vor 100 Jahren

Basierend auf den Schriften des mährischen Philosophen und Pädagogen Amos Comenius und des ostpreußischen Philosophen Immanuel Kant wurde im 19. Jahrhundert die Lehre vom Selbstbestimmungsrecht der Völker entwickelt. Am Ende des 1. Weltkriegs griff der amerikanische Präsident Woodrow Wilson diese Idee auf und machte sie zur Grundlage seines 14-Punkte-Programms zur Beendigung des Krieges. In Punkt XIII erklärte er, es sollte ein polnischer Staat entrichtet werden, der alle Gebiete umfassen müsste, die über eine „unbestrittene“ polnische Bevölkerung verfügen. Seine Forderung fand Eingang in die Verhandlungen über den Versailler Vertrag. Die Siegermächte vereinbarten, in Teilen von Ost- und Westpreußen sowie in Oberschlesien Volksabstimmungen über die zukünftige staatliche Zugehörigkeit durchzuführen. 1920 wurde in Ost-und Westpreußen und im März 1921 in Oberschlesien abgestimmt. Einen kurzen Artikel von Professor Dr. Winfried Schirotzek finden Sie hier.

80 Jahre „Heim ins Reich“
80 Jahre Vertreibung der Polen

Der aus einer Frankfurter jüdischen Familie stammende deutsch-französische Politologe und Literat Alfred Grosser versetzte mehrfach seine deutschen Zuhörer in Erstaunen, wenn er seine Rede mit einem Bekenntnis zu den Leiden der deutschen Vertriebenen begann. Zur Begründung erklärte er:

Bevor man von den eigenen Leiden spricht, muss man von den Leiden der Anderen sprechen.

Dieses „Grosserprinzip“ sollten sich die deutschen Vertriebenen zu eigen machen.

Die meisten Deutschen wissen nicht, dass während des 2. Weltkrieges rund 3 Millionen ethnische Polen ermordet, vertrieben oder zur Zwangsarbeit gezwungen wurden. In diesen Zahlen sind die 3 Millionen ermordeten polnischen Juden nicht enthalten. Alleine in Warschau sind im Zweiten Weltkrieg doppelt so viele Zivilisten umgekommen wie in ganz Frankreich. Die meisten wurden während oder nach dem Warschauer Aufstand ermordet.

Bis zu 650.000 Polen wurden aus den westlichen Gebieten Polens vertrieben, um Platz für die Ansiedlung von Angehörigen der deutschen Minderheiten aus anderen osteuropäischen Staaten zu schaffen. In den westlichen Gebieten Polens gab es aber bereits eine weit verstreute deutsche Minderheit. Sie erlebten mit, wie polnische Nachbarn plötzlich ermordet, entwürdigt, vertrieben oder zur Zwangsarbeit gezwungen wurden.

Ein Aufsatz zu diesem Vertreibungsgeschehen steht hier zum Lesen bereit.

Red.

Das Ende des Zweiten Weltkrieges beendete nicht das Leiden

Die Deportationen der Deutschen in Rumänien

Das Mitglied unseres Stiftungskuratoriums, Professor Dr. Anton Sterbling, hat zusammen mit anderen Autoren zwei neue Publikationen über das Schicksal der Deutschen im zu Rumänien gehörenden Teil des Banats vorgelegt.

Albert Bohn / Anton Sterbling (Hrsg.): Deportationen. Literarische Blickwinkel - Pop Verlag, Ludwigsburg 2021

Deportationen, insbesondere in die Sowjetunion im Januar 1945 und in die Barragan-Steppe im Frühsommer 1951, bildeten einschneidende Geschehnisse in der wechselhaften und leidvollen Geschichte der Deutschen aus Rumänien im 20. Jahrhundert. Zugleich handelt es sich um lange Zeit in der öffentlichen Diskussion in der Literatur im kommunistischen Rumänien tabuisierte Themen. Diese Anthologie versammelt ältere und neuere literarische
Arbeiten zum Problemkreis der Deportationen, die von ehemaligen Mitgliedern der „Aktionsgruppe Bernard“ wie auch Angehörigen ihres Freundeskreises stammen. In dem Band sind mit Gedichten oder Prosatexten Albert Bohn, Rolf Bossert, Helmuth Frauendorfer,

Ilse Hehn, Johann Lippet, Traian Pop Traian, Horst Samson, Hellmut Seiler, Anton Sterbling, Richard Wagner und Balthasar Waitz vertreten. (ISBN 978 – 3 – 86356 – 533 – 2) Albert Bohn / Werner Kremm / Peter-Dietmar Leber / Anton Sterbling / Walter Tonta

(Hrsg.): Die Verschleppung der Deutschen aus dem Banat in die Sowjetunion aus der Sicht ihrer Kinder. Erzählberichte – Schriftenreihe Banater Bibliothek 20, München 2021

Als Beitrag zur Erinnerungskultur dokumentiert der Band über 110 Erzählberichte von Kindern von deportierten Deutschen aus dem Banat in die Sowjetunion, ergänzt durch Analysen von Anton Sterbling und William Totok und statistische Materialien von Ovidiu Laurentiu Rosu. Mit diesem Band sollen die schwierigen und schmerzhaften Erfahrungen und Erlebnisse im Zusammenhang mit der Verschleppung in die Sowjetunion in vielfältigen individuellen Erinnerungssträngen in einer spezifischen Weise im kollektiven Gedächtnis bewahrt werden. Ebenso sollen die damit festgehaltenen Geschehnisse sowie deren subjektive Verarbeitung aus der Sicht der Kinder der Deportierten zeigen, dass historische Katastrophen und politische Verbrechen, durch wen auch immer verschuldet und zu verantworten, nicht selten schwerwiegende langfristige Auswirkungen haben, deren zeitliche und sachliche Reichweite man oft gar nicht angemessen beurteilen und abschätzen kann. Sie treffen nicht selten individuell und im subjektiven Sinn völlig oder weitgehend schuldlose Menschen, die dafür mitunter auch noch in der Generationsfolge in kollektive Haftung genommen werden. Dies will der Band als eindringliche Erinnerung und nachhaltige Mahnung vermitteln.

Das Robert-Koch-Institut und der frühere deutsche Osten

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht das Robert-Koch-Institut in den Nachrichten erwähnt wird. Wenig bekannt ist, dass Robert Koch, ebenso wie der erste deutsche Medizinnobelpreisträger, Emil von Behring, und der dritte, Paul Ehrlich, im früheren deutschen Osten forschte. Einen Artikel über Robert Koch können Sie hier lesen.

Red.

Mehr als 100 Millionen für vertriebene und Spätaussiedler

Ergebnis der Zwangsarbeiterentschädigung

Interview mit Peter Wolf, Vorsitzender des BdV-Regionalverbandes Leipzig

2016 hatte die Bundesrepublik beschlossen, Deutschen, die nach dem 2. Weltkrieg für eine fremdeMacht Zwangsarbeit leisten mussten, eine kleine Entschädigung zu gewähren. Ende 2020 wurde das Verfahren abgeschlossen. Annähernd 105 Millionen € wurden ausgezahlt. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter der sächsischen Vertriebenenverbände haben Mitglieder und Nichtmitglieder bei der Antragstellung beraten. Mit einem der Berater, dem Vorsitzenden des BdV-Leipzig, hat die Reaktion ein Interview geführt, dass sich hier nachlesen können.

Der Vertrag von Trentschin

Der Vertrag von Trentschin wurde am 24. August 1335 auf der Burg Trentschin in der gleichnamigen damals ungarischen Stadt Trentschin (ungarisch Trencsén, heute Trenčín in der Slowakei) abgeschlossen und am 9. Februar 1339 in Krakau ratifiziert.

Vertragsparteien waren der böhmische König Johann von Luxemburg und dessen Sohn Markgraf Karl sowie der polnische König Kasimir der Große. Als Vermittler bei den Vertragsverhandlungen wirkte Kazimirs Schwager, der ungarische König Karl von Anjou. Deshalb fanden die Verhandlungen auf seiner Burg Trentschin statt, die unweit der Grenze zu Schlesien und Böhmen im Nordwesten der jetzigen Slowakei liegt.

Mit dem Vertrag gab Kazimir der Große alle Ansprüche Polens auf die von den Piasten dominierten schlesischen Territorien auf ewige Zeiten auf.

Mit dem Vertrag wurde die politische Trennung Schlesiens von Polen festgelegt.
Im Gegenzug verzichteten Johann von Luxemburg und sein Sohn Karl auf den polnischen Königstitel, den sie von den Přemysliden ererbt hatten.
Nach dem Tod Johanns von Luxemburg, dem 1347 dessen Sohn Karl IV. als König von Böhmen folgte, wurden die Bestimmungen des Trentschiner Vertrages nochmals zwischen Kazimir dem Großen und Karl IV. mit dem Vertrag von Namslau 1348 bekräftigt.

Kazimirs Nachfolger Ludwig I. bestätigte 1372 in seiner Eigenschaft als König von Polen die Trentschiner Verzichtserklärung in vollem Umfang.
Die mit dem Vertrag festgelegten schlesisch - polnischen Grenzen blieben weitgehend bis 1945 bestehen.
Allerdings gab es nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg, bedingt durch das Versailler Diktat, kleinere Grenzverschiebungen, bzw. Gebietsabtretungen. Darunter fiel auch das oberschlesische Industriegebiet.